Der Wiener Zinshausmarkt

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September 2022 | Newsletter Artikel

Der Wiener Zinshausmarkt

Steigende Preise, sinkende Nettomieten und rückläufige Renditen –
der Zinshausmarkt hat seine eigenen „Gesetze“ und bleibt dennoch sehr begehrt.

Das Research- und Bewertungsteam der Rustler Gruppe hat über 700 Zinshaustransaktionen der letzten drei Jahre analysiert, wobei lediglich jene Transaktionen berücksichtigt wurden, bei denen vollständiges Datenmaterial (wie insbesondere Kaufverträge, Kaufpreise, Nutzflächen und Zinslisten) vorlag. Die Zinslisten sind insbesondere auch für die Berechnung der Renditen unerlässlich. Weiters wurden überdurchschnittlich hohe und niedrige Transaktionswerte, sogenannte „Ausreißer“, die über 35 Prozent von den Durchschnittswerten abweichen, nicht gewertet. Die Bezirke Wien 21 bis 23 wurden in der vorliegenden Analyse ebenso nicht berücksichtigt wie der Bezirk Innere Stadt, da nicht ausreichend valides Datenmaterial vorhanden war. Für 2021 betrifft dies auch Döbling. Aufgrund der Tatsache, dass in einigen Bezirken wenig vollständiges Datenmaterial vorhanden ist, und die Teilstichproben vergleichsweise niedrig ausfallen, haben wir die in der Tabelle dargestellten Durchschnittswerte in Bezirke innerhalb und außerhalb des Gürtels gesplittet, und nicht als Einzelergebnisse je Bezirk angeführt.

Die Marktentwicklung – Der „Hype“ des letzten Jahres

Die Ergebnisse unserer Recherchen zeigen, dass im Jahr 2021 die Anzahl der Transaktionen im Vergleich zum Jahr 2020 um rund 30 Prozent gestiegen ist und sich somit wieder auf dem Niveau von 2019 befindet. Die hohe Nachfrage nach dem „knappen Gut“ der Assetklasse Zinshaus ist somit ungebrochen. Dies manifestiert sich auch in weiteren, nahezu flächendeckenden und teilweise erheblichen Preissteigerungen im Beobachtungszeitraum 2021. Über alle Bezirke gerechnet, betrug der durchschnittliche Quadratmeterpreis rund 4.302,– Euro. Mit diesem Wert liegt dieser damit rund 20 Prozent über dem Durchschnittspreis des Jahres 2020. Zum Vergleich betrug die Preissteigerung von 2019 auf 2020 rund sieben Prozent. Überdurchschnittliche Erhöhungen verzeichneten die Bezirke Wieden, Mariahilf, Josefstadt, Alsergrund, Favoriten, Simmering, Meidling, Hernals und Brigittenau. Die höchsten durchschnittlichen Verkaufspreise wurden im Jahr 2021 in den Bezirken Mariahilf, gefolgt von der Josefstadt und Wieden verzeichnet.

Weiterer Rückgang der Renditen

Die Renditen sind im Jahre 2021 in wenigen Bezirken gestiegen, in den meisten Bezirken jedoch zum Teil deutlich zurückgegangen. Dieser Umstand ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass die Preise für Zinshäuser wesentlich stärker gestiegen sind, als die entsprechenden Nettomieten, die im Jahr 2021 sogar einen leichten Rückgang verzeichneten.
Bei der Berechnung der dargestellten Bruttoanfangsrendite wurde der jährliche Mietertrag (bei angenommener Vollvermietung) dem Kaufpreis zum Zeitpunkt des Erwerbs gegenübergestellt. Mögliche Veränderungen des Mieterbestandes durch Schaffung zusätzlicher Nutzflächen (durch Dachgeschossausbauten oder Aufstockungen) wurden bei der Berechnung nicht berücksichtigt, da dies zu rein spekulativen Werten führen würde. Es lagen dazu auch keine prüffähigen Unterlagen vor. Etwaige Sanierungskosten der leerstehenden beziehungsweise kurzfristig befristeten Objekte wurden jedoch berücksichtigt und den Anschaffungskosten hinzugerechnet. Im Jahr 2020 konnte man innerhalb des Gürtels mit einer Rendite von durchschnittlich 2,1 Prozent rechnen. Im Jahr 2021 fiel dieser Wert auf unter 1,6 Prozent. Außerhalb des Gürtels ist die Bruttoanfangsrendite von durchschnittlich 2,3 Prozent (Wert für 2020) auf 2,1 Prozent gefallen. Über die Bezirke Wien 2 bis Wien 20 gerechnet, sind damit die Bruttoanfangsrenditen im Vergleich zu 2020 im Durchschnitt um rund 22 Prozent gesunken. Aufgrund der teilweise niedrigen Transaktionszahlen und der unterschiedlichen Lagen, kann es in Ausnahmefällen auch zu Erhöhungen der Bruttoanfangsrendite kommen.

 

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Die Entwicklung der Mieten

In Wien sind die Nettomieten wie erwähnt im Jahr 2021 trotz gestiegener Anzahl an Transaktionen im Vergleich zum Jahr 2020 im Durchschnitt zum ersten Mal seit längerer Zeit gesunken. Die Daten zeigen damit eine deutliche Abkehr der vorangegangenen langjährigen Entwicklung. Wie schon in den vergangenen Jahren greifen wir dabei ausschließlich auf Echtdaten zurück, welche direkt den Mietverträgen entnommen wurden. Von der Auswertung von Miet-Angeboten haben wir bewusst Abstand genommen, da diese erfahrungsgemäß über den tatsächlichen Abschlüssen liegen. Aufgrund der großen Datenmenge konnte eine Trennung in Wohnungen bis 60 Quadratmeter Wohnnutzfläche und Wohnungen ab 60 Quadratmeter Wohnnutzfläche vorgenommen werden. Die ausgewiesenen Daten beziehen sich auf den netto Mietzins pro Quadratmeter Wohnnutzfläche und Monat. Doch nun zu den konkreten Ergebnissen: Die Auswertung zeigt, dass die Wohnungen über 60 Quadratmeter Wohnnutzfläche um 2,58 Prozent, die Wohnungen bis 60 Quadratmeter Wohnnutzfläche um 1,92 Prozent gesunken sind. In absoluten Zahlen bedeutet dies, dass kleinere Wohnungen um rund 10,20 Euro pro Quadratmeter Wohnnutzfläche und Monat, größere Wohnungen um rund 9,70 Euro pro Quadratmeter Wohnnutzfläche und Monat vermietet wurden. Dass das Thema Wohnen dennoch für viele Menschen als finanziell zunehmend belastender empfunden wird, ist daher vorrangig nicht den von den Vermietern und Immobilieneigentümer veranschlagten Nettomieten geschuldet, sondern insbesondere den laufend steigenden öffentlichen Gebühren und Abgaben sowie der Entwicklung der Energiekosten.

 

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Resümee

Zusammenfassend können wir feststellen, dass in Wien, abgesehen von wenigen Ausnahmen, ein weiterer Rückgang der zu erzielenden Bruttoanfangsrenditen zu verzeichnen ist, der auch den moderat rückläufigen Mieten geschuldet ist. Der Kapitalmarkt steht derzeit vor einer großen Veränderung, steigende Zinsen werden in Zukunft erwartet. Die bis dato in vielen Augen konkurrenzlose Assetklasse „Zinshaus“ hat damit wieder mögliche Alternativen am Kapitalmarkt bekommen. Dies könnte für Zinshäuser in nicht so repräsentativen Lagen, die überwiegend aus ertragswirtschaftlichen Gründen und nicht als Liebhaberobjekte angekauft wurden und werden, dämpfend auf die Preisentwicklung wirken.