Tiroler Immobilienmarkt

Tiroler Immobilienmarkt

Die rasch gestiegenen Zinsen haben den Tiroler Immobilienmarkt weitgehend zum Stillstand gebracht. Aktuell werden kaum Neubauprojekte realisiert, die Branche leidet jedenfalls unter der gesunkenen Nachfrage. Jene InteressentInnen, die vormals Eigentum erwerben wollten, aber durch die Bankenrestriktionen nicht mehr können, drängen nunmehr in den Mietsektor. Doch da wird der Wohnraum langsam knapp.

In Innsbruck steht der Immobilienmarkt derzeit mehr oder weniger still. Die Entwicklung der Zinsen sowie die KIM-Verordnung haben den Neubau ausgebremst, BauträgerInnen verschieben Baustarts.

Vor wenigen Jahren war die Welt noch eine andere. Gerade ist die Pandemie verdaut worden und der Tourismus in einem der wichtigsten Hotspots Österreichs hat merklich Fahrt aufgenommen und schreibt heute bereits wieder annähernd jene Zahlen, wie sie vor der Pandemie erreicht worden waren. So erreichte Tirol im Jahr 2023 neben Salzburg das höchste Wirtschaftswachstum unter allen österreichischen Bundesländern, mit jeweils einem Anstieg von rund 9,5 Prozent. In Tirol war dieser Anstieg größtenteils auf Effekte im Wintertourismus zurückzuführen. Doch nicht jeder Wirtschaftszweig profitiert gleichermaßen vom Rebound-Effekt im Fremdenverkehr. Befragt man die MarktteilnehmerInnen der Immobilienwirtschaft, herrscht recht einhellig eine pessimistische Stimmung. Vor allem die rasch gestiegenen Zinsen seit Mitte 2022 haben die Nachfrage erheblich abkühlen lassen, zudem kommt in Österreich noch die besonders strenge Auslegung der KIM-Verordnung hinzu. Damit ist der Eigentumsmarkt, bildlich gesprochen, abgewürgt worden – und das bringt wiederum die betroffenen ProjektentwicklerInnen in Bedrängnis, welche einerseits die meisten Bauprojekte auf Eis gelegt haben, andererseits noch die laufenden und fertiggestellten Objekte verwerten müssen.

Markante Transaktionsrückgänge

Die Daten des Immobilienpreisspiegels des Fachverbands der Immobilien- und Vermögenstreuhänder sprechen eine deutliche Sprache. Seit Mitte 2022 verzeichnete der Markt einen deutlichen Rückgang der Nachfrage. Dieser Rückgang ist laut KammervertreterInnen in erster Linie auf die Einführung der KIM-Verordnung zurückzuführen, die im Sommer 2022 in Kraft getreten ist und die Finanzierung von Wohnimmobilien erheblich eingeschränkt hatte. Doch die Herausforderungen hielten auch im Jahr 2023 an, und die Nachfrage sank nochmals leicht. Paradoxerweise ist zwar das Angebot an Immobilien um etwa 25 Prozent gestiegen, doch die Verwertung ist mittlerweile zur größten Hürde geworden.

Eines der wenigen neuen Projekte findet sich im Zillertal, wo auf einem Grundstück im Ortsteil Mitterdorf der Gemeinde Aschau das ZIMA-Neubauprojekt „Bräufeld Z’aschau“ entsteht.

Im Jahr 2023 wurden insgesamt annährend 10.000 Immobilienverkäufe grundbücherlich eingetragen. Im Vergleich zum Jahr 2022 entspricht dies einem Rückgang der Verbücherungen von 19 Prozent. Diese Veränderungen sind in allen Bezirken Tirols zu spüren und betreffen auch alle Arten von Immobilien. Arno Wimmer, stellvertretender Obmann der Fachgruppe Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Tirol: „Die Anzahl der Verkäufe und das Verkaufsvolumen von Baugrundstücken für Einfamilienhäuser sind sogar um weit über 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken.“
Am Eigentumswohnungsmarkt seien aktuell gebrauchte Eigentumswohnungen um durchschnittlich rund 40 Prozent billiger als Neubauwohnungen, was einen weiteren Indikator für die Veränderungen auf dem Markt darstellt. Hinsichtlich der Zukunft bleibt der Ausblick unsicher. Michael Kugler, Berufsgruppensprecher der Bauträger der Fachgruppe Immobilien- und VermögenstreuhänderInnen, hofft jedoch auf eine allmähliche Konsolidierung des Marktes. Insbesondere die langfristigen Zinsen sind bereits gesunken, und es besteht die Hoffnung, dass das Wohnkonjunkturpaket, welches jüngst von der Bundesregierung verabschiedet wurde und neben Individualförderungen für Privatpersonen auch rund eine Milliarde Euro in den österreichischen Wohnbau zu investieren beabsichtigt, zusätzliche Impulse geben wird.

Von Tradition zu Innovation

Der Bezirk hat sich entlang historischer Verkehrslinien, welche römischen Ursprung haben, entwickelt. Historische Bauten, etwa in den Ortskernen von Liesing, Mauer und Inzersdorf sowie verschiedene Kirchen, wie die Wotrubakirche, die Pfarrkirche Atzgersdorf oder die Pfarrkirche Liesing, charakterisieren das Stadtbild. Darüber hinaus prägen zahlreiche Wohnsiedlungen den Eindruck des Bezirks, wie etwa in der Othellogasse, der Traviatagasse beziehungsweise der Steinergasse oder auch in der Perfektastraße und Erlaaer Straße. Der Wohnpark Alterlaa erlangte besondere Bekanntheit als größte nichtkommunale Wohnhausanlage, die zwischen 1970 und 1985 errichtet wurde und auf Harry Glücks Architekturkonzept des gestapelten Einfamilienhauses in Form von Terrassenwohnungen basiert. Zusätzlich zu den traditionellen Wohnformen punktet der Bezirk auch mit innovativen Wohnkonzepten wie bespielsweise energieeffizienten Passivhäusern oder barrierefreien Wohnungen für SeniorInnen.

Mit knapp 118.000 EinwohnerInnen zählt Liesing zu den stark wachsenden Bezirken, bei einer gleichzeitig vergleichsweise geringen Bevölkerungsdichte von lediglich rund 3.600 Personen pro Quadratkilometer. Etwa 54 Prozent der Bezirksfläche besteht aus Bauland, während rund 31 Prozent Grünland und Gewässer sowie 15 Prozent Verkehrsflächen ausmachen. Besonders auffällig ist der hohe Anteil an Betriebsbaugebieten, die fast 20 Prozent der Fläche einnehmen.

Mit einer wachsenden Bevölkerung und einer geringen Bevölkerungsdichte ist Liesing ein aufstrebender Bezirk mit unterschiedlichsten Wohnformen und Wohnkonzepten. Das gut ausgebaute Straßennetz sorgt für eine reibungslose Mobilität und bietet den BewohnerInnen hervorragende Anbindungen.Die Grünflächen umfassen hauptsächlich Wälder des Wienerwalds, landwirtschaftliche  Nutzflächen, Wiesen, Parkanlagen sowie Sport- und Freizeitflächen. „Die BewohnerInnen des Bezirks haben Zugang zu über 70 Parkanlagen, mehr als 100 Spielplätzen, vier Waldspielplätzen, 22 Hundezonen, dem Wienerwald und dem Liesingbach“, betont Bezirksvorsteher Gerald Bischof, dem „grüne“ Maßnahmen besonders am Herzen liegen. „Sowohl bei Wohnhausanlagen als auch bei öffentlichen Gebäuden finden sich immer mehr Photovoltaikanlagen, die Liesing zu einem noch nachhaltigeren Bezirk werden lassen.“ Vor Kurzem wurde zudem ein ehemaliger Campingplatz zum „Stadtpark Atzgersdorf“ umgenutzt, der nun Naherholung auf insgesamt rund 27.000 Quadratmetern bietet.

Herausfordernde Lage

Ellen Moll, Geschäftsführerin von Moll & Punt sowie Mitglied im Ausschuss des Fachverbands für Immobilien- und Vermögenstreuhänder, skizziert ein klares Bild: „Für BauträgerInnen ist die gegenwärtige Situation schwierig, ebenso für MaklerInnen im Eigentumsbereich. Die Wohnungssuchenden drängen immer mehr in den Mietmarkt, was zu steigenden Preisen führt, da das Angebot mit dieser gestiegenen Nachfrage nicht mithält. Weniger dramatisch ist aber die Lage bei höherwertigen Wohnungen, welche vergleichsweise niedrigere Energiekosten ausweisen, womit potenziell höhere Mieten in Summe ausgeglichen werden könnten.“
Doch es ist nicht das einzige Problem, mit dem der Tiroler Immobilienmarkt zu kämpfen hat. Laut Moll droht Tirol, vor allem Innsbruck, ein Wohnungsmangel, welcher nicht nur aufgrund der derzeitigen Marktlage befeuert wird, auch „hausgemachte“ Probleme seitens der Kommunen kommen hinzu: „Die Problematik der Anschlussgebühren und die Zurückhaltung einiger Bürgermeister bei der Erteilung von Baugenehmigungen verschärfen die Situation weiter. Eine rechtliche Sicherheit für alle Beteiligten ist unerlässlich, ebenso wie klare Richtlinien für den Bau auf Grundstücken.“ Der Mangel an Bauaktivität betreffe jedoch nicht nur private BauträgerInnen, auch Gemeinnützige müssen mit der aktuellen Situation kämpfen. Vor allem Innsbruck verzeichnet einen wachsenden Bedarf an Wohnraum, der dringend gedeckt werden müsste.
Ein Umstand, der von Gerhard Hauer, Standortleiter von Rustler Tirol, bestätigt wird: „Der Markt ist zäh. Viele Projekte im Eigentumssegment werden gar nicht oder nicht fertig realisiert, weil sie nicht ausreichend verwertet werden können.“ Was allfällige Preiskorrekturen betrifft, sei eine Einschätzung derzeit sehr schwierig. „Das größte Thema ist die Finanzierung. Realisiert werden eher kleinere Projekte mit zehn bis 15 Wohnungen. Großvolumiger Wohnbau findet hingegen nahezu nicht statt“, erläutert Hauer.
Aktuell wird in der medialen Berichterstattung das Thema Mietkauf angesprochen, welches aber laut den Rustler-Experten in Tirol zumindest im privaten Wohnbausegment noch kaum zu beobachten ist.

In Kitzbühel ist das Hotel Straßhofer für rund 13 Millionen Euro verkauft worden.

Die Sicht der BauträgerInnen

Die oben bereits beschriebenen Schwierigkeiten der Realisierung neuer Projekte leitet sich aus einer vormaligen Überhitzung am Markt ab. Christian Schrötter, Geschäftsführer der IHL Immobilien, bestätigt diesen Eindruck: „Es wurde viel gebaut, die Nachfrage war enorm, und Tirol insgesamt als Wohnort sehr begehrt. Viele kamen aus dem Norden, auch aus Deutschland, angezogen von der starken Industrie und einem hohen Ausbildungsniveau.“ Nun stehe der Wohnungsverkauf fast still, für Schrötter seien die Herausforderungen, mit denen die Branche zu kämpfen hat, sehr vielschichtig und gehen über die reinen Finanzierungsfragen hinaus. Als mögliche Lösung schlägt Schrötter vor, die Einkommensgrenzen für Förderungen so zu erhöhen, dass sie auch der Mittelstand abrufen kann, der aktuell kaum Eigentum erwerben kann. Schrötter erläutert, dass man sich derzeit in Warteposition befindet und die Situation genau beobachtet: „Es bringt nichts zu bauen, wenn wir nicht entsprechend verwerten können“, bringt es der Bauträger auf den Punkt.
Neue Baustarts gibt es in Tirol im heurigen Jahr jedenfalls selten. Einen davon findet man im Zillertal, dort entsteht auf einem Grundstück im Ortsteil Mitterdorf der Gemeinde Aschau das ZIMA-Neubauprojekt „Bräufeld Z’aschau“. Neben rund 40 Wohnungen werden auf einer Fläche von rund 7.000 Quadratmetern eine Tiefgarage mit 42 Stellplätzen sowie Gewerbeflächen realisiert. Das Projekt zielt darauf ab, bis Ende 2025 mitten in den Zillertaler Alpen einen mehrgeschossigen Neubau aus hochwertigen Baumaterialien mit einem nachhaltigen Energiekonzept und vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten zu errichten.
Auch im Bürosektor sind vereinzelt neue Entwicklungen zu beobachten, wenngleich diese neuen Flächen, die auf den Markt kommen, zumeist schnell absorbiert werden. In der Kaiserjägerstraße 12 in Innsbruck entsteht derzeit ein neues Bürogebäude der ARE Austrian Real Estate mit einer Gesamtfläche von rund 3.000 Quadratmetern. Nunmehr ist die Dachgleiche für den klimaaktiv Gold vorzertifizierten Bau erreicht worden. Dieser befindet sich zwischen den Bundesgärten Innsbruck und dem neuen Sicherheitszentrum Tirol und ist laut ARE bereits zum jetzigen Zeitpunkt vollvermietet.

Transaktionen am Investmentmarkt

Auch der Tiroler Investmentmarkt präsentiert sich verhalten, wie wohl es doch ein paar nennenswerte Transaktionen in dem Bereich gegeben hat. So hat etwa die ZIMA eine rund 2.000 Quadratmeter große Retailfläche im Innsbrucker Stadt Carré an die oberösterreichische Ärztekammer für deren Wohlfahrtsfonds veräußert. Das Stadt Carré besteht insgesamt aus vier Gebäudeteilen mit einer Gesamtnutzfläche von 14.000 Quadratmetern. Auch im Hotelsegment sind Transaktionen verzeichnet worden, wenngleich sich der Markt auch in dieser Kategorie abgeschwächt hat. Tirol wird aber aufgrund der steigenden Tourismuszahlen als nach wie vor hochattraktiv empfunden. So ist etwa das Hotel Straßhofer in Kitzbühel um 13 Millionen Euro verkauft worden. Zudem kommen in diesem Segment auch interessante Liegenschaften auf den Markt. Die Zukunft des Kaufhaus Tyrol und etwaige Verwertungsszenarien sind hingegen zum gegenwertigen Zeitpunkt noch ungewiss.