Wohnungsmieten in Graz

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Februar 2021 | Newsletter Artikel

Immobilienmarkt Graz

In dieser Ausgabe möchten wir Sie über die neuesten Entwicklungen des Immobilienmarktes für Wohnungsmieten anhand von nahezu 700 Neuvermietungen aus den Jahren 2015 bis 2019 informieren. Das Research- und Bewertungsteam der Rustler Gruppe hat hierfür Mietpreise von Wohnungen der Ausstattungskategorie A in sämtlichen Bezirken in Graz ausgewertet, und zusätzlich diese Daten den Auswertungen der Immobilienpreisspiegel der Wirtschaftskammer Österreich gegenübergestellt.

Echte Transaktionsdaten

Der Unterschied der Erhebung der beiden Marktanalysen liegt in der Tatsache, dass das Rustler Team ausschließlich konkrete Transaktionen und deren Werte herangezogen hat, während der Immobilienpreisspiegel der Wirtschaftskammer Österreich auf Erhebungen verschiedener Maklerunternehmen beruht, deren Erfahrungen letztlich auch auf konkreten Markterlebnissen fußen.

Bei den Analysen ist in positiver Weise gemein, dass diese keine Angebotspreise in deren Preisentwicklungen einfließen lassen, und daher auch ein „lebensnahes“ Abbild der Realität zeigen. Interessant ist, dass die Echtdatenanalyse von Rustler tendenziell ein ähnliches Bild hinsichtlich der Entwicklung über die letzten Jahre zeigt. Das bedeutet, dass sich die echten Transaktionsdaten auch mit der Einschätzung der anderen Marktteilnehmer decken. Beide Erhebungen analysieren auch die Unterscheidung in große und kleine Wohnungen, wobei sich beim WKO-Preisspiegel die Parameter im Laufe der letzten Jahre leicht verändert haben, sodass wir die Daten im Sinne der direkten Vergleichbarkeit analog ausgewertet und aufbereitet haben.



Immobilienangebot und Preisentwicklung

Graz und sein Umfeld verzeichnen momentan prozentuell das stärkste Bevölkerungswachstum Österreichs. Die Zahl der Hauptwohnsitze in der steirischen Landeshauptstadt steigt seit vielen Jahren ungebrochen um rund 4.000 jährlich an.

Im gleichen Ausmaß aber herrscht in Graz seit Jahren ein regelrechter Neubauboom, und es kommen annähernd so viele Wohnungen auf den Markt, wie Einwohner zuziehen. Und dies ist der Hauptgrund für die in diesem Beitrag dargestellte, sehr moderate Entwicklung der Nettomieten. Kurzum Angebot und Nachfrage regeln hier den Markt. Aufgrund des ausgesprochen hohen Angebots an verfügbaren Wohnungen sind auch in nächster Zeit keine deutlichen Preisanstiege zu erwarten.

Ein weiteres Spezifikum in Graz ist die Art des Immobilienangebotes. Lange Jahre gab es die Problematik, dass überwiegend 2-Zimmer-Wohnungen am Markt angeboten wurden, und diese Immobilien von den verschiedenen Entwicklern extrem ähnlich, um nicht zu sagen „austauschbar“, gestaltet wurden. Den Mietinteressenten stand somit ein großes Angebot an nahezu gleichwertigen Objekten offen.

Diese Nachfrage nach Familienwohnungen mit zumindest drei Zimmern ab 65 Quadratmetern Nutzfläche konnte hingegen de facto nicht befriedigt werden. „Hier zeichnet sich erfreulicherweise ein Umdenken ab, dass Bauträger auch vermehrt 3-Zimmer-Wohnungen auf den Markt bringen“, erläutert der Standortleiter von Rustler Steiermark Georg Habersatter. Bei sehr großen Wohnungen um 100m² wird sowohl das Angebot als auch die Nachfrage deutlich dünner, hier wird auch die Grenze der Leistbarkeit erreicht.

Georg Habersatter

Hier zeigt sich in Graz ein ähnliches Bild wie in Wien, dass größere Wohnungen tendenziell niedrigere Nettomieten je Quadratmeter erzielen, dass zudem die Preisschwankungen volatiler ausfallen, und es in einzelnen Jahren sogar zu rückläufiger Preisentwicklung kommt.

Das „richtige“ und „falsche“ Murufer

In Graz zeichnet sich ein ähnliches Phänomen ab, wie es Wien in den letzten Jahren zu beobachten war, und zwar eine Nivellierung althergebrachter „Lagedünkel“. Vormals als nicht sonderlich beliebt eingestufte Wohngebiete erleben einen merklichen Aufwärtstrend. Sind es in Wien aufstrebende Bezirke wie Ottakring, Meidling oder Favoriten, so beginnt in Graz die Differenzierung in das „richtige“ und „falsche“ Murufer merklich an Bedeutung zu verlieren. Vor allem junge Wohnungssuchende legen keinen Wert mehr auf eine gewisse Postleitzahl am Meldezettel. Hierfür ist Lend ein gutes Beispiel. Lange Zeit war dieses Viertel ein wenig beliebtes, und hat sich in den letzten Jahren zu einer Trendlage entwickelt, in der sich immer mehr junge Menschen ansiedeln. „Als Zentrum dieses Viertels kann ganz klar der Lendplatz angesehen werden. Vom Bauernmarkt bis hin zu diversen Restaurants, Bars und Geschäften ist hier alles vertreten und vermittelt einen pulsierenden Charakter“, erzählt Stefanie Körbisser vom Rustler-Makler Team in Graz ihre Eindrücke.

Stefanie Körbisser

Als teuerste Lagen gelten die Bezirke Innere Stadt, Geidorf und St. Leonhard, wo die Spitzenmieten in absoluten Topobjekten an das Niveau der Spitzenmieten in Wien heranreichen, und in Einzelfällen bis zu 16 Euro netto je Quadratmeter Wohnnutzfläche erreichen. Die Innere Stadt ist durch Zinshäuser geprägt, welche für Wohnzwecke als auch für Büros genutzt werden.

St. Leonhard ist insbesondere bei Studenten sehr begehrt, da sich dort die Technische Universität sowie die Kunstuniversität befinden. Da in diesen Bezirken kaum mehr gebaut werden kann, sind die Mietpreise entsprechend hoch. Dazu tragen natürlich auch die Lage und die Altstadt bei, die ein besonderes Flair hat.

Konträr dazu kann der Bezirk Gries betrachtet werden. Hier sind die Mietpreise für Wohnungen relativ niedrig, obwohl der Bezirk trotz des „falschen“ Murufers durch seine zentrale Lage unweit des Stadtzentrums und tolle Verkehrsanbindung punkten müsste. Anders als Lend hat sich in Gries noch kein Aufwärtstrend eingestellt. Bei den Bezirken gemein ist ein hoher Migrationsanteil.

Auf der „falschen“ Murseite ist Eggenberg aufgrund der Fachhochschule auch bei Studenten als Wohnbezirk sehr beliebt. Von diesem Bezirk gelangt man relativ rasch in die Innenstadt, auch aufgrund der sehr guten Anbindung an den öffentlichen Verkehr und des Radwegenetzes. Weiters ist man in wenigen Minuten im Grünen und kann die Natur genießen.

Großvolumige Bautätigkeiten sind aktuell vor allem bei den Reininghaus-Gründen sowie entlang unserer Hauptverkehrsadern, beispielsweise der „Triester Straße“ bzw. der „Kärntner Straße“ zu erkennen. Als eine der bereits fast fertiggestellten großvolumigen Bautätigkeiten zählt die „Green City“ in Straßgang. Auf den erwähnten Reininghaus-Gründen, die Teile der Bezirke Gries, Wetzelsdorf und Eggenberg umfassen, entsteht auf einer Fläche von über 50 Hektar bis 2025 ein eigener neuer Stadtteil, der Wohnraum für bis zu 10.000 Menschen schaffen soll.

Erklären lässt sich das hohe Neubauvolumen dieser Bezirke auch durch die doch noch entsprechend vorhandenen Baugrundstücke im Vergleich zu den innerstädtischen Bezirken. Die seit vielen Jahren existierende hohe Neubauleistung in Graz erklärt auch, wie eingangs erwähnt, die in den Auswertungen dargestellte moderate Mietpreisentwicklung, da die Mietinteressenten derzeit und wohl auch in Zukunft auf ein ausreichend großes Wohnungsanbot treffen.

Lange Zeit galt Zeit die Mur als Symbol und Trennlinie für eine Unterscheidung
in gute und schlechte Wohnlagen. Ähnlich wie auch in Wien ist nunmehr eine
wesentliche bessere Durchmischung festzustellen, und Lagen außerhalb des
Wiener Gürtels haben sich ebenso dynamisch und zu Hotspots entwickelt,
wie einige Bezirke am vermeintlich „falschen“ Murufer.